©Martin Irlinger 2008

schmieden

Nichts fasziniert mich stärker als die archaische Kunst des Schmiedens. Hier versuche ich eine Annäherung an diese Kunst über das geschriebene Wort.

"Schmieden" ist die Bezeichnung für alle Verfahren, bei denen an einem Werkstück aus Metall durch Wärme und Druck eine Verformung vorgenommen wird. Das Schmieden von Metallen gehört zu den ältesten Arbeitstechniken des Menschen. Es war über Jahrtausende hinweg eine wesentliche Voraussetzung für die Einführung verbesserter Ackerbaumethoden, für die Entwicklung von Handwerk und Gewerbe, für die Herstellung von Geräten, Waffen und für den Schiffbau.

Geschichte

Bereits gegen 4000 v.Chr. wurden in der Natur vorkommende reine Metalle zu Schmuck, Waffen und Gegenständen des täglichen Gebrauchs verarbeitet. Die Ägypter fertigten kunstvolle Schmuckstücke als Grabbeigaben, im römischen Lebensalltag spielte geschmiedetes Eisen in allen Lebensbereichen eine wichtige Rolle.
Zum Bearbeiten des Metalls wurde ein Stein als Hammer verwendet, ab dem 9. Jahrhundert v.Chr. löste der Stielhammer aus Metall den Stein als Werkzeug ab. Bis ins 13. und 14. Jahrhundert hinein waren das Verhütten und Schmieden des Eisens mit Hammer und Amboss unmittelbar miteinander verbunden - die menschliche Muskelkraft begrenzte die Größe der geschmiedeten Teile.
Um 1500 entstanden an Flußläufen Hammerwerke, in denen Wasserräder an Buchenstielen befestigte eiserne Hammerköpfe, sogenannte Bären, auf entsprechend grosse Ambosse schlagen liessen - die durch die Wasserkraft angetriebenen Maschinen potenzierten die menschliche Kraft um ein Vielfaches.
Ende des 18. Jahrhunderts verbreitete sich der Einsatz von Dampfkraft in Maschinen. Die Schmiedeindustrie wurde unabhängig von an Flüssen gelegenen Standorten und entwickelte Dampf- und Lufthämmer. (Bei einem Dampfhammer wurde der Bär mit einem Kolben, der sich in einem Zylinder befand, verbunden. Trat Dampf in diesen Zylinder ein, wurden Bär und Kolben gehoben und der Bär traf frei fallend das Werkstück.) Der größte deutsche Dampfhammer mit einem Bärgewicht von 50 Tonnen war der berühmte Dampfhammer Fritz, der 1861 bei Krupp seine Arbeit aufnahm.

Bedeutung

Den Schmieden wurden, ähnlich den Alchimisten, übernatürliche Kräfte nachgesagt, da man das Wissen um die Metallgestaltung und die Beherrschung des Naturphänomens Feuer mit Magie verband.
Schmiede übten häufig auch schamanistische Praktiken aus, sie galten als Beherrscher des vulkanischen Feuers, die wie die Schamanen in der Lage waren, bestimmte Krankheiten zu heilen oder in die Zukunft zu schauen. Von Schamanen wurden allerdings noch zusätzliche religiöse Aktivitäten ausgeübt: sie galten als Meister der Extase, denn es gelang ihnen, sich auf unterschiedliche Weise in eine Trance zu versetzen, während die Seele aus dem Körper austrat und sich mit den Geistern in Verbindung setzte.

Bei Schmieden und Schamanen war das Feuer als Transformationsmittel von großer Bedeutung; im Bewußtsein der alten Welt besaß es eine magisch-religiöse Kraft. Die Hitze der Flammen war in der Lage, die Materie zu verändern, das Feuer war das Agens der Wandlung. Schmiede und Schamanen konnten die Hitze bändigen, indem sie ungestraft glühende Kohlen berührten. Das galt als Beweis dafür, daß sie die menschliche Daseinsstufe transzendiert hatten und im Reich der Geister weilten. Die Flammen des Feuers wurden mit der Nähe der Götter in Verbindung gebracht. Als Medium stellte das Feuer Kontakt zwischen Himmel und Erde her; der Blitz konnte ein Zeichen des Fluches oder des Segens bedeuten. Aus dem Hephaistos-Vulkanos Kult wurde die Heiligkeit des Feuers auch auf das Herdfeuer übertragen. Im Christentum steht das Feuer einerseits für die Liebe und den Heiligen Geist, andererseits für Teufel und Fegefeuer. Diese Doppeldeutigkeit haftete auch dem Schmiedehandwerk an, indem es zum einen mit positiven Kräften, zum anderen mit dem Höllenfeuer in Verbindung gebracht wurde.

In den antiken germanischen und griechischen Mythen wurde der Schmied als Götterwesen bezeichnet, dessen Macht vor allem darin bestand, Schwerter herzustellen, die den primitiven Waffen überlegen waren. Dabei war es wichtig, daß der Schmied seine gesamte magische Kraft in das Werkstück hineinarbeitete, denn Schmiede wurden als Männer angesehen, die übersinnliche Werke vollbringen konnten. Schmiede zogen auf der Suche nach neuen Aufträgen und Roheisen ständig von Ort zu Ort. Als Nomaden kamen sie mit den unterschiedlichsten Völkern und Gebräuchen in Berührung. Durch die Anfertigung von Schutzamuletten waren sie auch über private Angelegenheiten unterrichtet und konnten bei Krankheiten von Mensch und Tier Ratschläge geben. Auch deshalb haftete den frühen Schmiedehandwerken ein gewisser Zauber an, denn sie hatten viel Menschenkenntnis und waren in der Lage, Geschichten aus den von ihnen bereisten Gebieten zu erzählen.

Mythos und Sage

Hephaistos

In der griechischen Mythologie war Hephaistos, Sohn des Zeus und der Hera, der Gott des Feuers und der Schutzpatron aller Schmiede, der auch von den Amazonen in hohen Ehren gehalten wurde.
Er war keine Schönheit und hinkte, aber er war ein friedlicher und freundlicher Gott, den man wegen seiner großen Handwerkskunst verehrte. Er fertigte die Schuhe der Götter, mit denen sie windesschnell Luft und Wasser überquerten und ihre goldenen Throne, wie auch das Zepter und die Blitze des Zeus. Für Achilleus, Diomedes und Äneas schuf er prachtvolle Waffen und Rüstungen, außerdem schmiedete er die Pfeile des Eros, den Bogen der Artemis, den Wagen des Helios und vieles mehr.

Es gibt zwei verschiede Versionen, die sein Hinken erklären. Die eine besagt, daß er mit verkrüppelten Beinen auf die Welt kam und seine Mutter ihn voller Abscheu ins Meer warf, wo er von der Nymphe Thetis gerettet wurde. In der anderen Version wurde er ebenfalls vom Olymp geworfen, allerdings von Zeus, der darüber erzürnt war, daß Hephaistos in einem Streit für seine Mutter Partei ergriff. Hephaistos fiel einen ganzen Tag durch die Luft und stürzte auf die Insel Lemnos, wobei er sich beide Beine brach.

In der Odyssee wird beschrieben, daß Hephaistos seine untreue Ehefrau Aphrodite zusammen mit dem Kriegsgott Ares in einem kunstvoll geschmiedeten Netz fing und dem Gelächter der Götter preisgab.
Hephaistos schuf auch Pandora, indem er auf Zeus` Befehl Erde und Wasser mischte und ihr eine menschliche Form gab, die die Götter mit vielen Talenten und der geheimnisvollen Dose ausstatteten, die Plagen und Sorgen über die Menschen brachte.

Siegfrid

König Siegmund hatte einst ein Schwert von Wotan, dem Gott der Germanen, erhalten. Im Kampf gegen Hunding ergriff Wotan allerdings für Hunding Partei und ließ an seinem Speer das Schwert zerschellen, das er selbst Siegmund gegeben hatte. Sterbend vertraute Siegmund die Stücke des Schwertes seiner Gemahlin Sieglinde an, damit sie diese für ihren Sohn Siegfried aufbewahre.
Siegfrieds Erzieher am Hofe König Helferichs war der Zwerg Regin, ein kunstreicher Schmied. Dieser verbarg hinter seiner Fürsorge eigensüchtige und arglistige Pläne, denn durch Siegfrieds Stärke wollte er zu Reichtum kommen. Er ließ Siegfried wissen, daß ihm sein väterliches Erbe von seinem Bruder genommen worden sei. Siegfried war sofort bereit, Regin zu seinem Recht zu verhelfen, brauchte für den Kampf gegen den Drachen Fafner jedoch erst ein Schwert.

Regin versprach, eines zu schmieden, doch als Siegfried damit zur Probe auf den Amboß schlug, sprang das Schwert in tausend Stücke. Auch das zweite Schwert hielt der Amboßprobe nicht stand, so daß Siegfried sich entschloß, ihm das zerschellte Schwert seines Vaters zu bringen. Mit aller Kunstfertigkeit schmiedete Regin die Stücke zusammen, und als das Schwert aus der Esse kam, nahm Siegfried es und hieb damit in den Amboß. Der Schlag spaltete den Amboß, doch die Waffe blieb unversehrt. Er lobte die gute Waffe und nannte sie Gram.
Anstatt gleich gegen Fafner zu ziehen, rüstete Siegfried sich jedoch erst, um seinen Vater zu rächen. Auf seiner Heerfahrt zu König Hundings Land begleiteten ihn ausgesuchte Männer, und in der Schlacht führte er sein Schwert Gram so gewaltig, daß von den Mördern seines Vaters keiner am Leben blieb.Nach der siegreichen Heimkehr erinnerte Regin Siegfried an seine Dankesschuld und verlangte Fafners Tod. Beide ritten zur Gnitaheide und lauerten dem Drachen auf. Siegfrid traf den Lindwurm ins Herz, und das Blut des Drachens ergoß sich über ihn. Auf seiner Haut geronn es zu einem Panzer, der ihn unverwundbar machte - nur die kleine Stelle auf dem Rücken, auf die ein Lindenblatt gefallen war, blieb verletzlich. Sterbend prophezeite der Drache, daß der Schatz niemanden Glück und allen den Tod bringen werde. Siegfried achtete nicht darauf, aber die Worte des Drachens gingen in Erfüllung und Siegfried wurde heimtückisch auf der Jagd erschlagen. Sein Mörder, Hagen von Tronje, nahm das Schwert Gram an sich, durch das er selbst im fernen Hunnenland gerichtet wurde.

Artus

König Artus wuchs bei einer fremden Familie auf, bis das Schicksal ihm seine wahre Herkunft offenbarte: In einer von Londons Kirchen versammelten sich alle Lords und Ritter, um zu beten. Als die Frühmesse zu Ende war, befand sich im Kirchhof, nahe beim Hochaltar, plötzlich ein Marmorblock, und auf dem Block war ein Amboß befestigt, in dem ein Schwert bis zum Knauf getrieben war. Darauf war mit goldenen Buchstaben geschrieben: "Der, welcher dieses Schwert aus diesem Amboß zieht, ist durch Geburt rechtmäßiger König von England."
Alle Ritter und Männer von Rang versuchten, das Schwert aus dem Amboß zu ziehen, doch es gelang ihnen nicht. Allein Artus vermochte es, das begehrte Schwert mühelos zu bewegen. Als er es in seinen Händen hielt, war der Beweis erbracht, daß er aus königlichem Geschlecht stammte.

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